VOCES8: London bei Nacht

VOCES8 hat die Herzen der Freunde des A-cappella-Gesangs im Sturm erobert. Die acht Briten beherrschen ein breites Repertoire von der Renaissance über Vokalwerke der Klassik und Romantik bis hin zu Frank Sinatra, Simon & Garfunkel und der aktuellen Popmusik. Neben ihren grandiosen Stimmen sind auch die unverwechselbaren Arrangements Teil des großen Erfolgs von VOCES8. Aus dem Herzen Londons kommen VOCES8 zum Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF), um gemeinsam mit dem Publikum einen stimmungs- wie klangvollen abendlichen Stadtrundgang durch die facettenreiche Gesangsgeschichte der Musikmetropole zu unternehmen. Der Kulturonkel hat mit dem Gründer und Bariton Barnaby Smith sowie der Sopranistin Andrea Haines gesprochen.

Voces 8. Foto Andy Staples

Die BBC beschrieb Ihr Ensemble einmal als eine gekonnte Mischung aus „zwei Teilen King’s Singers, drei Teilen Swingle Singers und einem guten Schuss Bobby McFerrin“. Was ist das Besondere am VOCES8-Klang?

Voces8 ist mehr als eine einstimmige Gesangsgruppe. Da jede Stimme doppelt besetzt ist, sind wir auch in der Lage, uns ein wenig in Richtung eines Chors und nicht ausschließlich als Ensemble zu bewegen. So bekommt man fast das Beste aus beiden Welten.
Wir arbeiten sehr hart daran sicherzustellen, dass unser Klang sehr homogen ist; aber im Laufe des Konzerts lernt das Publikum auch acht einzigartige und individuelle Stimmen und Sänger kennen.

Neben Ihren grandiosen Stimmen sind auch die unverwechselbaren Arrangements Teil des großen Erfolgs von VOCES8. Schreiben Sie die Arrangements selbst und wer stellt das Programm zusammen?

Wir haben das Glück, dass wir eine ganze Reihe von wunderbaren Arrangeuren und Komponisten haben, die für uns Musik schreiben. Einige von ihnen sind Freunde von uns, andere Menschen, denen wir außerhalb der Gruppe begegnet sind.
Wir haben einen Arrangeur in Residence, Jim Clements, der seit den Anfängen der Gruppe für uns schreibt. Und mit Roxanna Panufnik haben wir sogar eine Komponistin in Residence. Roxanna schreibt Musik für das Ensemble und nimmt an Workshops teil, und die Gruppe führt bei fast jedem Konzert der Saison ein Stück von Roxanna auf. Aber auch Mitglieder der Gruppe arrangieren und komponieren ein wenig, insbesondere Chris Moore, unser Bariton, und unser Tenor Blake Morgan.

Was die Programmzusammenstellung angeht, gibt es viele Möglichkeiten. Manchmal singen wir ein Programm, um das uns die Veranstalter gebeten haben. Manchmal singen wir Musik, die den Arrangeuren besonders gefällt, und manchmal ist es natürlich unsere eigene Idee. Das Programm, mit dem wir zum SHMF kommen, heißt „London bei Nacht“, weil die Musikmetropole Schwerpunkt des Festivals ist. So konnten wir dieses schöne Programm mit Musik zusammenstellen, die von unserer Heimat inspiriert ist.

Was genau erwartet das Publikum?

Die gesamte Musik ist in irgendeiner Weise mit London verbunden, sei es, weil es sich um einen britischen Komponisten handelt oder weil das Lied selbst von London erzählt. Wer schon einmal ein Voces8-Konzert besucht hat, weiß, dass wir verschiedene Stile und Genres singen. Wir versprechen, dass es alles geben wird, von der Klassik bis hin zu Jazz und Pop, so dass für jeden etwas dabei ist.

VOCES8 haben ein wahnsinnig breites Repertoire. Wie kann man eine so hohe Qualität in all den Bereichen erreichen?

Ich glaube, das Geheimnis dabei ist, dass wir nur Stücke auswählen, die uns liegen. Wir singen so ein vielfältiges Repertoire nicht um der Vielfalt willen. Es gibt nur wenige Arrangements, die wir genau so aufführen wie sie geschrieben wurden. Wir passen Stücke gewissermaßen unserem Klang an. Es kommt also sehr darauf an, das Repertoire sorgfältig auszuwählen, so dass es unsere unterschiedlichen Interessen, Fähigkeiten und Stärken widerspiegelt.
Dadurch stellen wir den Zuhörern hoffentlich auch Musik vor, die sie vielleicht nicht erwartet haben oder weswegen sie das Konzert besuchen. Aber vielleicht entdecken sie dadurch etwas Neues, was ihnen gefällt.

Sie touren jedes Jahr durch die Welt und verbringen sehr viel Zeit miteinander. Geht es hinter den Kulissen immer genauso harmonisch zu wie auf der Bühne?

(lachen) Ganz und gar nicht. Wir verstehen uns sehr gut, und das ist wichtig, wenn jemand Neues der Gruppe beitritt. Dann suchen wir nicht nur nach dem richtigen Sänger und dem richtigen Musiker, sondern auch nach dem richtigen Menschen, von dem wir glauben, dass er gut in unser Team passt. Wir sind wie eine Familie. Wir lieben uns alle sehr, was aber nicht heißen soll, dass wir nicht manchmal Meinungsverschiedenheiten haben. Das sorgt dann kurzzeitig für Stress, aber es spricht für die Qualität unserer Teamarbeit, dass wir dann gestärkt aus den Gesprächen hervorgehen.

Barney, Sie sind ist Mitbegründer von VOCES8. Wie ist damals die Idee entstanden, ein A-cappella Ensemble zu gründen? Und haben Sie mit dem Erfolg gerechnet?

Wir haben nie mit diesem Erfolg gerechnet. Wir haben immer nur davon geträumt, die Welt zu bereisen, Konzerte zu geben und mit unserer Arbeit einen positiven Einfluss auf unser Publikum auszuüben.
Wir hatten nie die Absicht, eine Gruppe zu gründen, wie wir sie heute haben. Dabei war viel Glück im Spiel. Ursprünglich haben wir einen Chor von etwa 24 Freunden ins Leben gerufen, die mit uns im Jugendchor Millennium Youth Choir gesungen haben. Mein Bruder Paul und ich haben sie einfach zu uns nach Hause eingeladen, um ein Wochenende lang gemeinsam zu singen. Und dann wurden wir eingeladen, an einem internationalen Wettbewerb in Italien teilzunehmen. Eine der Kategorien in diesem Wettbewerb war Jazz und Pop. Da Gruppen wie die „King‘s Singers“, die „Swingle Singers“ und die „Real Group“ unsere Vorbilder waren, wollten wir diese Art von Material singen. Also reduzierten wir den Chor auf acht Stimmen und gewannen den Wettbewerb. Daraufhin bekamen wir viele Konzertangebote. Das war der Auslöser dafür, dass wir beschlossen haben, zu versuchen, damit Geld zu verdienen.

Andrea, Sie schlossen sich VOCES8 nach ihrem Abschluss an der Cardiff University an. Warum haben Sie sich für diesen Schritt entschieden statt eine Solo-Karriere zu verfolgen?

Ensemblemusik ist etwas, das mich schon immer am meisten interessiert hat, eigentlich mehr als solo zu singen. Ich habe zwar eine Solistenausbildung gemacht, aber das war nur ein Teil meines Studiums. Ensemblemusik war schon immer der größte Teil meines musikalischen Interesses und meiner Leidenschaft.
Daher lag es nahe, mit anderen Leuten zusammen Musik zu machen. Mit ein bisschen Glück und harter Arbeit hat es sich dann ergeben, dass ich Teil von VOCES8 wurde. Sonst wäre ich vielleicht in der Musikverwaltung gelandet.

Aufgrund der bestehenden Einreisebeschränkungen und Quarantänebestimmungen für Großbritannien konnten VOCES8 2021 nicht nach Schleswig-Holstein einreisen. Wie hat Corona Ihre Arbeit beeinflusst?

Natürlich war die Pandemie zu Beginn eine sehr schwierige Zeit. Sie stoppte die gesamte Tournee- und Konzerttätigkeit. Deshalb haben wir unsere gesamte Arbeit in den digitalen Bereich verlagert. Wir haben eine digitale Plattform geschaffen, auf der wir live von zu Hause aus mit dem Publikum digital in Kontakt treten konnten, um ein bisschen Musik in ihr Leben zu bringen, während sie im Lockdown waren. Und wir haben eine digitale Konzertreihe mit dem Titel „Live from London“ gestreamt.
Heute können wir stolz darauf zurückblicken, was wir während der Pandemie erreicht haben: wir haben über 500 Musiker beschäftigt und ihnen Arbeit gegeben. Und wir haben vielen Menschen Musik nach Hause bringen können.
Einen Großteil dieser Arbeit setzen wir noch heute fort. In diesem Sommer werden wir in London in unsere zehnte Konzert-Saison gehen. Außerdem haben wir noch immer unsere digitale Akademie, die eine unserer Plattformen für die Bildungsarbeit war, als wir uns in der Pandemie befanden.
Als Gruppe blicken wir daher mit gemischten Gefühlen auf diese Zeit zurück, sind aber auch gestärkt aus ihr hervorgegangen.

Neben Ihren Auftritten setzen Sie sich leidenschaftlich dafür ein, junge Menschen durch Gesang zu begeistern durch die VOCES8-Stiftung, Ihre Digital Academy, Stipendien und Workshops. Warum ist Ihnen die Nachwuchsförderung so wichtig?

Es liegt uns sehr am Herzen, die Erfahrungen, die wir selbst mit viel Glück in unserem Leben erfahren haben und die uns für unsere heutige Arbeit inspiriert, an junge Menschen weiterzugeben, die sonst vielleicht nicht die Möglichkeit hätten, mit dieser Art von Musik in Kontakt zu kommen, oder die kein Umfeld haben, in dem sie kreativ und frei sein können. Das war uns von Anfang an wichtig. Wir haben unsere Bildungsarbeit immer Hand in Hand mit unseren Auftritten verfolgt. Es war also immer ein Teil von uns und die beiden Seiten werden nie getrennt sein.

Sie haben einen engen Tourkalender. Wie entspannen Sie zwischen Ihren Auftritten?

Bei der Konzertplanung ist es uns sehr wichtig, Beruf und Freizeit in Einklang zu bringen. Momentan haben wir eine sehr arbeitsreiche Phase, in der wir ein oder zwei Monate hintereinander sehr hart arbeiten, dann aber ein oder zwei Wochen Pause machen.
Wir sind sehr privilegiert, das so machen zu können. Daran haben wir als Einzelne und als Gruppe sehr hart gearbeitet, um bei bestmöglicher stimmlicher Gesundheit zu bleiben.

Zwischen Ihren beiden Auftritten beim SHMF und dem Folgeauftritt haben Sie eine knappe Woche Zeit. Nutzen Sie die Zeit für einen Kurzurlaub in Schleswig-Holstein?

Das wäre sehr schön. Leider haben wir andere Dinge zu tun. Aber ich hoffe, wir werden wenigstens ein paar Stunden am Strand verbringen können.

Samstag, 8. Juli, 19.30 Uhr: Nicolaikirche Plön
Sonntag, 9. Juli, 19:30 Uhr: Meldorfer Dom