Spielzeitstart am Ohnsorg-Theater mit gemischten Gefühlen

Mit einer turbulenten Gauner-Komödie für zwei Personen startet das Ohnsorg-Theater in die neue Spielzeit. Erkki Hopf und Birte Kretschmer spielen ein chaotisches Gangsterpaar, das wie ihre Vorbilder „Bonnie und Clyde“ den großen Coup planen. Doch dabei geht einiges schief. Der langjährige Oberspielleiter des Hauses, Frank Grupe, hat die Regie übernommen und startet mit gemischten Gefühlen in die neue Spielzeit.

Birte Kretschmer und Erkki Hopf in „Twee as Bonnie un Clyde“ Foto Sinje Hasheider

Sie stecken gerade mitten in den Proben für die Eröffnungspremiere am Ohnsorg Theater „Twee as Bonnie un Clyde“, ein turbulentes Gauner-Abenteuer wie es in der Ankündigung heißt. Worum geht es in dem Stück?

Es geht um zwei Bankräuber, die meinen, sie seien die zweiten Bonnie und Clyde. Aber in Wirklichkeit sind sie die letzten Versager. Sie probieren immer wieder ein Geldinstitut zu überfallen, aber es klappt nie etwas bei ihnen. Das Publikum schaut dem dilettantischen Banditenpärchen die ganze Zeit dabei zu, wie sie aus den verschiedensten Gründen jedes Mal wieder scheitern. Das macht den großen Reiz dieses Stückes aus. Außerdem ist es quasi auf zwei hervorragende Komödianten wie Erkki Hopf und Birte Kretschmer zugeschnitten, so dass gute Unterhaltung für 70 Minuten ohne Pause garantiert ist.

Warum sind die beiden die perfekte Besetzung für dieses Stück? Welche Herausforderungen müssen sie meistern?

Die beiden sind sowieso meine Lieblingsschauspieler und einfach perfekt aufeinander eingespielt, ohne dass sie in falsche Routinen kommen. Sie passen vom Alter perfekt zu den Rollen und sind beide ausgesprochen komödiantisch. Die Schwierigkeit ist, dass man das Stück zu zweit einen ganzen Theaterabend über stemmen muss. Das erfordert viel Kraft und Konzentration, zumal sich Spielszenen in Varianten immer wiederholen; der gleiche Plan wird immer wieder neu geschmiedet, nur mit anderen Worten. Dass das nicht langweilig wird, ist schon eine Herausforderung für zwei Schauspieler.

War das Stück für diese Spielzeit sowieso geplant oder ist das Zweipersonenstück der Coronasituation geschuldet?

Wir mussten ja den gesamten Spielplan umstellen und praktisch neu gestalten. Die ursprünglich geplanten Produktionen werden in weiten Teilen um ein Jahr verschoben. Deswegen ist dieser Erfolgshits von Tom Müller und Sabine Misiorny überhaupt auf den Plan gekommen. Die beiden sind selbst Schauspieler und feiern mit dieser Komödie landauf, landab große Erfolge. In der plattdeutschen Übersetzung von Renate Wedemeyer kommt sie nun auch bei uns auf die Bühne.

„Wir freuen uns alle wahnsinnig darauf, dass wir wieder arbeiten und vor Publikum spielen dürfen.“

Regisseur Frank Grupe

(Foto: Oliver Fantisch)

Mit welchem Gefühl starten Sie in die Spielzeit? Ist es eher Freude, dass es endlich wieder los geht, oder Besorgnis – denn Ihr Stammpublikum gehört ja immerhin eher zur Risikogruppe?

Wir freuen uns alle wahnsinnig darauf, dass wir wieder arbeiten und vor Publikum spielen dürfen. Aber wir können überhaupt noch nicht abschätzen, ob sich die Leute überhaupt wieder ins Theater trauen. Die Beschränkungen sind ja auch nach wie vor sehr groß. Dazu kommt noch die Sorge, dass uns bloß nichts passiert während der Proben und Aufführungsdauer; dass bloß keiner erkrankt oder sich infiziert. Dann ist alles vorbei und wir können allesamt in Quarantäne gehen. Daher habe ich durchaus gemischte Gefühle. Das bisherige Buchungsverhalten unserer Abonnenten stimmt uns aber sehr positiv und hoffnungsvoll. Man merkt, dass viele Menschen sich einfach freuen, dass es wieder losgeht.

Sie kennen sich mit Krimikomödien aus, haben 2013 für das Ohnsorg Theater zum Beispiel „Acht Froons“ nach François Ozon inszeniert und 2016 „En leven Mann“. Ist Krimi Ihr Lieblingsgenre?

Einen Krimi zu inszenieren, hat durch die Vielschichtigkeit der Handlung und Charaktere durchaus seinen Reiz. Aber „Bonnie un Clyde“ hat nochmal eine andere Qualität mit einem eher clownesken Touch, der von den Verhaltensweisen eher an „Laurel und Hardy“ erinnert. Es sind keine wirklichen Menschen aus Fleisch und Blut, die wir da auf der Bühne sehen, sondern eher zwei Clownsfiguren. Das macht schon einen Extrareiz aus.

Sie waren fast ein Viertel Jahrhundert als Chefdramaturg, Oberspielleiter und zuletzt auch als Schauspieler auf der Bühne am Ohnsorg Theater tätig. Vor zwei Jahren sind Sie eigentlich in den Ruhestand gegangen. Was mögen Sie am Haus, dass es Sie zurück ans Regiepult geführt hat?

Ich mag so Vieles am Haus: die Menschen, die dort arbeiten und mit denen ich sehr verbunden bin; ich liebe die Sprache und freue mich über die neue Leitung um Intendant Michael Lang und Oberspielleiter Murat Yeginer, die frischen Wind hineingebracht haben, ohne die Tradition komplett über den Haufen zu schmeißen. So ist ein toller Neuanfang gelungen, der natürlich am Anfang nicht immer ganz glatt ging; aber sie haben das alles sehr, sehr gut in den Griff bekommen und ich arbeiten mit diesem Team wahnsinnig gern zusammen.

Auch Sie haben durch Ihre Arbeit entscheidend dazu beigetragen, dass sich das Ohnsorg-Theater verändert hat. Durch moderne Stücken wie „Honnig in‘n Kopp“, „Soul Kitchen“ oder „Plattdüütsch för Anfängers“ versucht das Haus ja ein Publikum zu gewinnen, dessen Muttersprache nicht Plattdeutsch ist. Auch „Bonnie und Clyde“ geht in diese Richtung. Wie kommt das beim Publikum an und ist das der richtige Weg, um das Ohnsorg Theater ins neue Jahrzehnt zu führen?

Ich bin fest davon überzeugt, dass der Weg richtig ist. Man wird immer wieder ein bisschen nachjustieren müssen bei der Balance zwischen hochdeutschem und plattdeutschem Anteil, aber dass man sich an frischere Stücke wagt, halte ich auf jeden Fall für den richtigen Weg.

Auch sonst lässt Sie das Theater und die plattdeutsche Sprache nicht los – gerade konnte man Ihr Hörspiel „Heinz un Harry“ im NDR hören. Wie viel Plattdeutsch steckt in Ihrem Alltag?

Ich habe ein paar Freunde, mit denen ich durchaus mal ein bisschen platt rede. Ansonsten kommt die Sprache eher nicht im Alltag vor. Ich bin zwar in Bremen aufgewachsen, wo man noch viel platt sprach, aber ich habe das Niederdeutsche als Zwölfjähriger für den Rundfunk gelernt, weil für ein plattdeutsches Hörspiel ein Kind gesucht wurde; der Regisseur hat mir dann die Sprache Wort für Wort beigebracht. Das setzte sich dann so fort, so dass ich langsam, aber sicher hineingewachsen bin.

Trotz Ruhestand spielen Sie nach wie vor auf der Bühne, inszenieren, schreiben Stücke und Hörspiele in Hoch- und Plattdeutsch. Worauf dürfen wir uns nach der Premiere von „Twee as Bonnie un Clyde“ freuen?

Das wüsste ich auch gern. Im Moment steht das alles in den Sternen. Ich hoffe, dass meine Lenz-Bearbeitung vom „Feuerschiff“ noch in dieser Spielzeit auf die Bühne kommt. Da sollte ich auch mitspielen. Wir waren mitten in den Proben, als der Shutdown kam und alle Theater schließen mussten. Das ist ein Stück mit großer Besetzung, das wir zurzeit natürlich noch nicht spielen können. Und außerdem mein „Sommerfest“ nach Frank Goosen, das ich auch geschrieben habe. Ich war schon in enger Zusammenarbeit mit dem Regisseur Marc Becker und auch das wurde verschoben. Ich hoffe, dass es noch in dieser, spätestens in der nächsten Spielzeit zu sehen ist.

Twee as Bonnie un Clyde
29. August – 30. September 2020 / Großes Haus
Premiere: 29. August 2020, 20:00 Uhr
Karten unter www.ohnsorg.de und www.reservix.de oder Tel. 040 35 08 03 21