„Ich fresse einen Besen, wenn die Laiszhalle nicht Kopf steht.“

Hip-Hop und Klassik – das galt mal als unvereinbar. Der Geiger Miki Kekenj hat das Verhältnis mit seinen Crossover-Projekten neu definiert. Jetzt kommt er für ein Konzert mit seinem Takeover-Ensemble und der deutschen Hip-Hop-Band „Fünf Sterne deluxe“ nach Hamburg.

Seit zehn Jahren sorgt der Musiker in der Philharmonie Essen für musikalische Überraschungen. Mit klassischen Instrumenten nehmen sie sich verschiedener Musikstile an und konzipieren Programme, die den Zeitgeist der musikinteressierten „Generation Pop“ widerspiegeln, dabei aber den klassischen Raum nicht links liegen lassen. So suchen die Musiker nach der perfekten Symbiose aus Songwriting, Rap und klassischem Ensemblespiel. Zum SHMF dreht Miki Kekenj die Hits der Hamburger Hip- Hop-Granden „Fünf Sterne deluxe“ durch den musikalischen Fleischwolf und präsentiert zusammen mit der Band um Das Bo, Tobi Tobsen, DJ Kuhlmann und Luis Baltes ein Feuerwerk aus Skurrilität und guter Laune – mit Pauken, Trompeten und Opernsängern als Backgroundchor!

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Der Kulturokel hat mit Mirko Alexander Bogojević (Das Bo) und Miki Kekenj gesprochen.

„Fünf Sterne deluxe“ bei einem Heimspiel in Hamburg live erleben zu können, das verspricht in jedem Fall ein aufsehenerregender Abend der Extraklasse zu werden. „Fünf Sterne deluxe“ in der Hamburger Laeiszhalle mit klassischem Instrumentarium und einem Dirigenten, das wird eine wahre Sensation! Wie ist die Idee zu diesem Crossover-Projekt entstanden?

(MK) Ich habe die Jungs von „Fünf Sterne deluxe“ gefragt, ob sie sich vorstellen könnten, mit mir und dem Takeover-Ensemble unser fünfjähriges Bestehen in der Philharmonie Essen zu feiern. Ich wollte da sprichwörtlich auf die Pauke hauen und dafür war die Band genau die richtige. Verrückt wie sie waren, haben sie zugesagt. Und dann habe ich mir gedacht: Pauken und Trompeten das sind sieben Blechbläser, drei Schlagzeuge und vier Opernsänger. Damit sind wir auf die Bühne gegangen und hatten eine Menge Spaß.

(Das Bo) Wir sind ja eh abenteuerlich und stellen uns gern jeder Herausforderung. Wir sind einfach unserem Instinkt gefolgt. Miki und das Ensemble haben uns eine neue Welt eröffnet, in der wir unsere musikalischen Ergüsse neu interpretiert haben. Diese ungewöhnliche Kombination und die überschäumende Reaktion des Publikums ist für alle Beteiligten spannend, interessant und bereichernd. Auf unserem letzten Album „Flash“ gibt es den Song „Monulani“, in dem wir uns augenzwinkernd in die Höhen der Kultur begeben und einen Opernsänger eingebaut haben.

Es geht um eine fiktive Modemarke, die in den Stil von Kenzo und Louis Vuitton – Shows mit Pferden auf der Bühne, Operngesang und italienischem Text – persiflieren. Das konnten wir vorher nur im Studio produzieren und jetzt in der angemessenen Größe auf der Bühne umsetzen.

(MK) Genau bei „Monulani“ hat sich das Publikum schlapp gelacht, weil sie die Satire dahinter verstanden haben. Wie haben natürlich versucht, das mit steinernden, ernsthaften Minen rüberzubringen. Wenn der Tenor ansetzt und singt, ist dann aber kein Halten mehr.

(Das Bo) Wenn die Spinnerei und die Ernsthaftigkeit in einen Engtanz übergehen, heißt es: „Schluss mit lustig. Mit Spaß ist nicht zu scherzen.“

Wer kommt zu den Takeover-Konzerten?

(MK) Das Publikum ist immer sehr gemischt. Da sitzt das gepiercte Mädchen neben dem Schlipsträger. Selten sind es Teenager, sondern eher Menschen zwischen 20 und 50 Jahren. Alles Leute, die eine Offenheit mitbringen. Ein Klassikpurist kommt sicher nicht in unsere Konzerte. Reine Pop-Fans, die keine Lust auf die verstaubte Elfenbeinkultur haben, findet man auch eher nicht. Es ist super zu beobachten, wenn dann alle am Ende stehend applaudieren.

Bei unserem Konzert mit „Fünf Sterne deluxe“ hat das Publikum den Drive, den wir auf der Bühne produzieren, total aufnehmen können und ist mit uns ausgeflippt. Ich fresse einen Besen, wenn die Laiszhalle nicht Kopf steht. Das Publikum wird begeistert sein.

Ich fresse einen Besen, wenn die Laiszhalle nicht Kopf steht.“

Miki Kekenj

Foto: Christian Amouzou

(Das Bo) Die Sitzsituation ist für uns etwas ungewohnt. Aber wir freuen uns auf die Laiszhalle, die ja eine Hamburger Institution ist. In der Elbphilharmonie wollten wir auf keinen Fall auftreten, weil ich das nach wie vor ein Politikum finde, wie sie finanziert wurde. Außerdem haben wir ja gelernt, dass der große Saal für verstärkte Konzerte nicht geeignet ist. Dass ich, der keine Noten lesen kann, jetzt die großen Häuser bespiele, ist für mich ein großer Wunschtraum gewesen.

Welche Stücke habt ihr ausgesucht? Gab es ein Mitspracherecht?

(MK) Das ging so hin und her. Beide Seiten hatten Wünsche, ein paar Nummer waren gesetzt. Worauf ich mich sehr freue, ist uns Live-Hörspiel „Inspektor Jabidde“

(Das Bo) Wir haben ja auf jedem Album ein Hörspiel gehabt. Bei den letzten beiden hatten wir dann eine Cartoon-Visualisierung realisiert. Das sind Spielereien, die sich jetzt mit dem Takeover-Ensemble auf der Bühne fortsetzen.

2017 ist mit „Flash“ euer letztes Album erschienen. Wird es bald etwas Neues geben?

(Das Bo) Aktuell ist bei „Fünf Sterne deluxe“ keine neue Produktion geplant. Ich habe genug zu tun mit meiner kleinen Agentur. Wir sind auch mittlerweile über ganz Deutschland verstreut. Es sind Kinder geboren worden. Ich bin im Kunstbereich tätig. Im nächsten Jahr steht 25 Jahre „Sillium“ an, da kann möglicherweise etwas passieren.

Miki, gibt es Wunschkünstler, mit denen du noch arbeiten möchtest?

(MS) Ich merke, dass das Interesse von Klassikfestivals an diesen Formen ständig wächst. Das ist eine große Chance, solche großen Events zu bespielen. Das bestätigt auch in seiner Arbeit.

Wenn ich Lust habe, mit Leuten zu arbeiten, dann frage ich sie einfach an. Oft klappt das auch. Was ich mir gut vorstellen könnte, ist, zum zehnjährigen Jubiläum im nächsten Herbst ein bisschen über den deutschsprachigen Tellerrand zu gucken und mehr internationale Gäste einzuladen.

Bo, ist deine Mutter stolz, dich auf einer klassischen Konzertbühne zu sehen?

(Bo): Nein, meine Mutter ist sowieso stolz auf das, was ich geschafft habe. Da gibt es keinerlei Bringschuld. Meine Schwester und ich haben beiden unseren Weg gemacht.

Ich bin auch kein großer Klassikfan. Ich bin sehr offen und gehe sowohl in rotzige Technoclubs als auch mal in ein schönes klassisches Konzert; aber dass ich ein regelmäßiger Konzertgänger wäre, wäre gelogen. Wir sind auch in keinem musikalischen Elternhaus groß geworden, daher bin ich der Erste, der einer musikalischen Tätigkeit nachgeht. Aber ich finde es klasse, wenn jetzt beide Welten zusammenkommen.