Beethoven 2020: Herzlichen Glückwunsch, Ludwig

Das Beethoven-Jahr nähert sich dem Höhepunkt. Damit es nicht sang- und klanglos während des Corona-Lockdowns untergeht, habe ich ein paar Tipps zusammengestellt, wie der Geburtstag in den kommenden „Stillen Tagen“ im Fernsehen, Radio und Internet gefeiert werden kann.

Ludwig van Beethoven (1770–1827) gilt als der Komponist, der die Musik der Wiener Klassik zur höchsten Entfaltung brachte und der Romantik den Weg bereitete. Er schuf wegweisende Werke in den Gattungen der Sinfonie, des Streichquartetts und der Klaviersonate.

Sein Schlüsselwerk, die 9. Sinfonie mit dem grandiosen Chorfinale von Schillers “Ode an die Freude“, gilt nicht nur als Höhepunkt seines kompositorischen Schaffens und hat die Musikgeschichte nachhaltig beeinflusst, sondern zählt seit 2001 auch zum unvergänglichen Weltdokumentenerbe. In diesem Jahr wäre der Komponist 250 Jahre alt geworden. An exakt welchem Tag Beethoven in Bonn geboren wurde, ist unbekannt. Gewiss ist einzig, dass er am 17. Dezember 1770 getauft wurde.

Das Jubiläumsjahr hätte eigentlich weltweit und gerade in Deutschland unter der Dachmarke BTHVN 2020 ganzjährig begangen werden sollen. Die Feierlichkeiten waren vielversprechend gestartet, da durchkreuzte eine globale Pandemie sämtliche Planungen. Öffentliche Großveranstaltungen und Konzerte mussten abgesagt oder verschoben werden oder fanden unter stark veränderten Bedingungen statt. Und doch haben Beethoven und seine Musik die Menschen durch dieses besondere Jahr intensiv begleitet: dank fantastischer Neueinspielungen, kreativer Veranstaltungs- und Konzertformate, alternativer Aufführungsformen im Radio und Internet, bei Balkon- und Nachbarschaftskonzerten oder virtuellen Flashmobs. Beethovens Musik ist offenbar die richtige musikalische Seelenbegleitung in krisenhaften Zeiten.

Damit der natürliche Kulminationsmoment des Jubiläums nicht – und zwar im Wortsinne – sang- und klanglos entfällt, habe ich eine Auswahl an Buch-, CD-, Rundfunk- und Onlinetipps zusammengestellt, um den Komponistengeburtstag in den kommenden – durch den verschärften Lockdown in diesem Jahr im wörtlichen Sinne – ‚Stillen Tage‘ rund um Heiligabend noch einmal in aller Ruhe Revue passieren lassen zu können.

Fernseh-Tipp 1: Jubiläumskonzert am 17. Dezember auf 3SAT

Bild: Beethoven-Haus Bonn

Hochkarätig besetzt spielen in der Oper Bonn Pianisten- und Dirigenten-Legende Daniel Barenboim und sein renommiertes West-Eastern Divan Orchestra Beethovens drittes Klavierkonzert sowie seine „Schicksalssinfonie“ Nr. 5 am 17. Dezember ab 20.15 Uhr. Das Jubiläums-Konzert wird live auf 3SAT und im ARD-Radio übertragen. Ganz im Geiste des Jubilars will die Aufführung auch ein gesellschaftliches und politisches Zeichen setzen. Gerade die 5. Sinfonie soll in dem von Corona gezeichneten Jahr 2020 ein Signal der Hoffnung sein. Sie beginnt mit tragischer Vehemenz in c-Moll, endet aber in strahlendem, triumphalem C-Dur und folgt damit der Losung „per aspera ad astra“, „Vom Dunkel ins Licht.“ Die Festrede hält Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Schirmherr des Jubiläums-Programms BTHVN2020. Der bekannte Geiger und Präsident des Beethoven-Hauses, Daniel Hope, führt als Moderator durch den Abend. (Bild: Beethoven Haus Bonn)

Fernsehtipp 2: ARD Beethoven-Nacht „Freude schöner Götterfunken“

Die ARD zeigt am 25. Dezember ein „Best of“ aus den Beethoven-Produktionen der Landesrundfunkanstalten des zurückliegenden Jahres. Los geht es um 20.15 Uhr mit dem aufwendig inszenierten, fiktionalen Spielfilm „Louis van Beethoven“, der sich auf drei Lebensabschnitte fokussiert. Der Jungpianist Colin Pütz spielt das Wunderkind der Bonner Kindheitstage, Anselm Bresgott den rebellischen, jugendlichen Beethoven und Tobias Moretti das vereinsamte und taube Genie am Ende seines Lebens. Kunstvoll bettet Niki Stein als Autor und Regisseur biografische Episoden des Künstlers in den historischen Kontext ein, der durch das Gedankengut der Aufklärung und die gesellschaftlichen Umwälzungen der Französischen Revolution geprägt worden war. Foto ARD

Für Nachteulen wird der Film am 26. Dezember um 0.10 Uhr wiederholt und eröffnet die lange Beethoven-Nacht mit Höhepunkten aus Konzertmitschnitten der ARD-Klangkörper – unter der Leitung und Mitwirkung berühmter Dirigenten und Solisten wie Simon Rattle, Bernhard Haitink, Igor Levit und Anne-Sophie Mutter. Ein „best of“ populärer und unvergänglicher Klassiker wie der „Mondscheinsonate“, dem Violinkonzert, der „Schicksalssymphonie“ oder dem Schlusschor aus dem letzten Satz der 9. Symphonie „Freude schöner Götterfunken!“. Die Beethoven-Nacht beginnt um 2.10 Uhr.

Livestream-Tipp: BeethovenNacht powered by Telekom

Die „BeethovenNacht powered by Telekom“ erzählt vom Werden Ludwig van Beethovens in Bonn, dem Umgang mit Musik trotz voran schreiten seiner Ertaubung und präsentiert Stars und Highlights von Klassik bis Pop und fragt nach der Zukunft von Musik. Genreübergreifend performen internationale Künstlerinnen und Künstler auf der Bühne und zelebrieren im Jubiläumsjahr den Komponisten mit Musik, Tanz, Poesie und Gesprächsrunden. Das Programm umfasst einerseits originale Werke von Ludwig van Beethoven und weiterhin zwei Uraufführungen: Max Richters Beethoven – Hommage „Opus 2020“ und Quincy Jones „Ode to Joy“. Live dabei sind Daniel Hope (Violine), Sarah Bosetti (Kabarett), Joy Denalane (Gesang), der Opernchor des Theater Bonn, Irish Step Club Bonn, Marcus Schinkel, Marcús Schmid & Anja Martin (als Chronisten).

Die BeethovenNacht powered by Telekom am 16. Dezember 2020 um 20:30 Uhr wird live unter magenta-musik-360.de oder bthvn2020.de gestreamt.

CD-Tipp: Midori und Festival Strings Lucerne veröffentlichen Beethovens Violinkonzert und Romanzen

Eigentlich sollte die Geigerin Midori am 3. Mai in der St. Bartholomäuskirche in Wesselburen den mit 10.000 Euro dotierten Brahmspreis 2020 der Brahms-Gesellschaft Schleswig-Holstein verliehen bekommen. Aber die COVID-19-Pandemie führte dazu, dass alle öffentlichen Veranstaltungen abgesagt wurden. Noch vor dem Lockdown konnte der Weltstar jedoch mit dem Festival Strings Lucerne eine Einspielung von Beethovens Violinkonzert und seine beiden Romanzen für Violine und Orchester aufnehmen, die jetzt bei Warner erschienen ist. “Beethoven leitete meine Kollegen und mich”, sagt Midori, “seine Arbeit lenkte und inspirierte uns, unsere Überzeugung steigerte sich von Tag zu Tag und trieb uns zu musikalischen Höchstleistungen. Mir wurde bei der Beschäftigung mit ihm aufs Neue bewusst, dass er ein Mann mit starken Prinzipien war, der zu vielen wichtigen Themen seiner Zeit feste Standpunkte einnahm. Beethovens Entschlossenheit ist immer noch ein Vorbild für die Menschheit”.

Podcast-Tipp: Igor Levits Klavierpodcast – 32 x Beethoven

Igor Levits viel gelobte Gesamtaufnahme der Klaviersonaten gilt als eine der auffallendsten Interpretationsleistungen des Beethoven-Jahres; kürzlich wurde sie für einen Grammy nominiert. Bei den Salzburger Festspielen konnte Levit im August den gesamten Zyklus an acht Abenden live vor Publikum aufführen. In einem Podcast für den Bayerischen Rundfunk hat er sich spielend und erläuternd mit jeder einzelnen der 32 Sonaten auseinandergesetzt und erzählt, was Beethovens Musik so revolutionär und einzigartig macht. Wie es sich anfühlt und welche Arbeit darin steckt, sie zu spielen. Und warum sie bis heute Menschen inspiriert, sich für Freiheit und Menschlichkeit einzusetzen.

On Demand-Tipp: Alexander Krichel spielt Beethoven im Autokino-Konzert

Alexander Krichel, im Rahmen des SHMF im August 2018 zu Gast im Elbeforum Brunsbüttel, gab im Corona-Sommer das weltweit erste Klavier-Konzert in einem Autokino. Auf einer Outdoor-Bühne, neben ihm die große Leinwand und statt stehenden Ovationen hupende und blinkende Autos – eine Konzert-Situation, wie sie noch kein Klassik-Künstler zuvor erlebt hatte und für Alexander Krichel nach acht Wochen erzwungener Konzert-Pause die Gelegenheit, endlich wieder auf die Bühne zurückzukehren und vor Publikum spielen. Das Autokino-Konzert gibt’s noch bis zum 10. Januar zum Abruf.

Beethovens 32 Klaviersonaten gelten als das Neue Testament der Klaviermusik.

Pianist Alexander Krichel

Wie der junge Pianist Beethovens Musik durch seinen Großvater kennengelernt hat, verriet er im Interview: „Beethovens 32 Klaviersonaten gelten als das Neue Testament der Klaviermusik. Als Klavierschüler und -student kommt man an diesen nicht vorbei. Für mich war Beethoven von Anfang an ein essentieller Teil meines Repertoires. Ich erinnere mich an Gespräche, wie ich als kleiner Junge mit meinem Großvater darüber debattiert habe, wer der größte Komponist aller Zeiten sei. Der siebenjährige Alexander war bei Tschaikowsky, Opa bei Beethoven. Und das sollte mir anhand des 5. Klavierkonzerts demonstriert werden. Dass dieses Konzert so eine wichtige Rolle in meinem Leben spielen würde und ich im Januar 2019 damit mein Debüt im Goldenen Saal des Musikvereins Wien feiern würde, hätte meinen Großvater sicher sehr stolz gemacht.

Um sein Publikum auch während des Kultur-Lockdowns mit Beethovens Musik zu erfreuen, gratuliert Alexander Krichel dem Komponisten gleich mit zwei kostenlosen Konzerten per Live-Stream. Bei einem Festkonzert wird er gemeinsam mit der Meininger Hofkapelle unter Leitung ihres GMD Philippe Bach am 17. Dezember Beethovens 5. Klavierkonzert auf die Bühne des Meininger Staatstheaters bringen. Am 19. Dezember folgt ein Solo-Konzert mit Werken von Beethoven, Liszt und Schumann aus der Philharmonie Essen. Beide Konzerte sind auch im Anschluss noch on demand abrufbar.

Virtuelle Museumsbesuche

Die Staatsbibliothek Berlin beherbergt mehr als die Hälfte aller überlieferten Beethoven-Handschriften weltweit – insgesamt 220 Werke, darunter Manuskripte zur Oper „Fidelio“ und zur Missa solemnis, die Originalpartitur der 9. Sinfonie Beethovens sowie die vielen Briefe und Konversationshefte. Aus diesen Beethoven-Autographen wurde eine in ihrer Qualität und Fülle nie da gewesene Ausstellung namens „Diesen Kuss der ganzen Welt“ erarbeitet, die zur Zeit nur virtuell zu besuchen ist. Darüber hinaus wurden weitere Inhalte digital zur Verfügung gestellt, wie z.B. einige 3D-Objekte und Musikautographen.

Auch die Bundeskunsthalle lädt momentan nur zum digitalen Besuch ein. „Beethoven – Welt.Bürger.Musik“ gibt einen lebendigen Einblick in das Wesen und Wirken Ludwig van Beethovens, in sein Umfeld und natürlich in seine Musik. Der 360° Rundgang kann bis zum Ende des Jahres kostenfrei absolviert werden.

Google Arts & Culture hat gemeinsam mit dem Bonner Beethoven-Haus ein ganz besonderes Online-Projekt veröffentlicht, das die Welt des legendären Komponisten beleuchtet und Nutzerinnen und Nutzer die vielen Facetten in Beethovens Leben, Werk und Vermächtnis erkunden lässt. Ein zentraler Bestandteil des Projekts ist ein virtueller Rundgang durch das Bonner Geburtshaus des Komponisten. „Aufgrund der Pandemie ist unser neu gestaltetes Museum ausgerechnet an Beethovens 250. Geburtstag geschlossen. Umso wichtiger erscheint es mir, dass Beethovenfreunde und Musikliebhaber aus aller Welt die Ausstellung dank des Rundgangs durch Google Street View ab sofort virtuell besuchen und mit vielen zusätzlichen Beethoven-Inhalten erleben können,“ so Malte Boecker, Direktor des Beethoven-Hauses. Die gesamte Beethoven-Onlineausstellung inklusive der Beiträge des Beethoven Hauses Bonn ist über die kostenlose Plattform unter g.co/BeethovenEverywhere aufzufinden, sowie über die kostenlose App auf iOS oder Android.

Beethoven für Kinder: Martin Stadtfeld

Schon mit Beginn seiner Karriere ist es für den Pianisten Martin Stadtfeld zur Herzensangelegenheit geworden, Kinder und Jugendliche an die klassische Musik heranzuführen. Passend zum Beethoven-Jahr 2020 legte der Echo Klassik-Preisträger die Doppel-CD „Beethoven für Kinder“ vor, auf der er als Pianist und als Erzähler zu erleben ist. Auf der ersten CD erzählt Stadtfeld im Gespräch mit einem Kind anhand auch zahlreicher Anekdoten vom spannenden Leben Beethovens sowie von der Entstehung einiger seiner bedeutendsten Werke wie der „Eroica“-Sinfonie. Auf der zweiten CD ist Stadtfeld dann mit Ausschnitten berühmter Klavierwerken Beethovens zu hören, u. a. mit einem Satz aus der „Mondscheinsonate“ und der „Pathétique“, aber auch mit neuen, eigenen Bearbeitungen von Werken Beethovens. So gibt es eine „Eroica Fantasie“, „Pathetique“ und „Pastorale“ Bearbeitungen. Aufgenommen hat Stadtfeld außerdem eigene Improvisationen über Beethoven-Themen wie z.b. die Fantasie über ein Skizzenblatt Beethovens. „Mein Beethoven“ richtet sich nicht nur an Kinder und Jugendliche, auch für Erwachsenen ist das entstandene Hörspiel und die Musik Beethovens ein faszinierendes Erlebnis

Buch-Tipp: „Beethoven. Der Einsame Revolutionär“

Der belgische Dirigent Jan Caeyers, viele Jahre künstlerischer Leiter der Beethoven Academie, entwirft in der Biographie „Beethoven. Der Einsame Revolutionär“ (erschienen im Beck Verlag) ein faszinierend lebendiges Portrait des Künstlers und stellt dem Leser Beethoven als eine Ausnahmeerscheinung der Musikwelt vor, ohne musikhistorisches oder gar musiktechnisches Wissen vorauszusetzen. Er erhellt den menschlichen wie den künstlerischen Werdegang seines Protagonisten, indem er die Entstehungsgeschichte seiner Werke mit Beethovens persönlicher Entwicklung – die zwischen Generosität und Kleinlichkeit, zwischen Enthusiasmus und Verzweiflung oszilliert – verwebt. Dabei erschließen sich zugleich die Arbeitsbedingungen, die wirtschaftlichen Nöte sowie das musikalische und gesellschaftliche Leben in der Provinz und in der Metropole Wien an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Daneben beschreibt Caeyers die Zwänge dieser Epoche, denen sich selbst ein Genie wie Beethoven nicht entziehen konnte und die es verhindert haben, dass er die einzige große Liebe seines Lebens zu der„unsterblichen Geliebten“ hat leben können.

Sonderbriefmarke „250 Jahre Ludwig van Beethoven“

Anfang des Jahres wurde eine 80 Cent Sonderbriefmarke zum Beethovenjubiläum in einer Rekorderstauflage von 626 Millionen Stück herausgegeben – die höchste Erstauflage, seitdem es die Deutsche Post AG gibt. Die Briefmarke zeigt eine stilisierte Version des bekannten Beethoven-Porträts von Joseph Karl Stieler – zusammen mit einem Notenschlüssel. Ergänzt wird der Entwurf um den Schriftzug „250 Jahre BTHVN“. Ludwig van Beethoven signierte Briefe und Partituren bisweilen mit dem Kürzel „BTHVN“, das auf der Marke in der Sonderfarbe „Silber-Metallic“ gedruckt wird.

Das vielfältige Jubiläums-Programm ist zusammengefasst unter der Dachmarke „BTHVN2020“ und steht unter dem Motto „Beethoven neu entdecken.“ Die Feierlichkeiten wurden bis einschließlich September 2021 verlängert. Die Terminübersicht des Jubiläums ist jeweils aktuell im Veranstaltungskalender auf www.bthvn2020.de zu finden.