Chemnitz wird Europäische Kulturhauptstadt 2025

Die Entscheidung ist gefallen: Im Jahr 2025 darf Chemnitz den Titel Kulturhauptstadt tragen. Im Rennen um den prestigeträchtigen Titel hat sich Sachsen drittgrößte Stadt nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren gegen die Mitbewerber Hannover, Hildesheim, Magdeburg und Nürnberg durchgesetzt.

Chemnitz Stadtblick. © Stadt Chemnitz, Pressestelle / Fotograf: Dirk Hanus

Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig zeigte sich unmittelbar nach der Entscheidung total überwältigt. „Dieser Titel ist für Chemnitz die große Chance, viel zu geben und viel zu bekommen“, erklärte die Verwaltungschefin nach der Bekanntgabe. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an die rechtsextremen Demonstrationen und Ausschreitungen, die die Stadt im August 2018 international in die Schlagzeilen gebracht hatten. Chemnitz könne durch den Titel zeigen, dass es nicht nur für „Bilder von Nazi-Aufmärschen“ stehe, sondern „eine aktive, vielfältige Stadtgesellschaft im internationalen Austausch“ sei, betonte Ludwig. „Der Titel wird der Stadt einen Schub geben.“

Als einer der ersten gratulierte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Der Titel sei für Chemnitz eine große Chance, sichtbarer und Impulsgeber zu werden. „Denn Chemnitz steht auch dafür, wie wichtig es ist, die Gefahr von Spaltungen zu überwinden und aktiv für unsere europäischen Werte und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einzutreten“, sagte Kretschmer.

Die Jury-Vorsitzende Sylvia Amann forderte Chemnitz und auch die unterlegenen Bewerber auf, Kunst und Kultur in den Mittelpunkt zu stellen und als Teil der Lösung der aktuellen Probleme zu verstehen. „Europa braucht jetzt mehr denn je ein Klima der Offenheit und der Solidarität“, sagte Amann. Kunst, Kultur und das Engagement auf städtischer Ebene könnten dies leisten.

Per Livestream gab die europäische Jury am 28.10.2020 ihr Votum im deutschen Auswahlverfahren um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2025 bekannt. Das Bewerbungsteam Chemnitz2025 verfolgt diese Live-Übertragung coronabedingt in kleiner Runde in der Stadthalle Chemnitz. © Stadt Chemnitz, Pressestelle / Foto: Kristin Schmidt

Chemnitz hatte die Widersprüche seiner Geschichte in den Mittelpunkt seiner Bewerbung gestellt: Umbrüche, Identitätssuche, den Wandel zur Stadt der Industriekultur.

Gepunktet habe die Bewerbung vor allem mit ihrer großen Bürgerbeteiligung, ist Kulturbotschafterin Nicole Oeser überzeugt. Sie hatte mit neun anderen die Abschlusspräsentation vor der zehnköpfigen Jury gehalten.

Chemnitz – Die Stadt der Macherinnen und Macher

Parksommer 2020. © Stadt Chemnitz, Pressestelle / Fotograf: Dirk Hanus

„Wenn man denkt, dass man den großen Teil der Arbeit geschafft hat, indem man den Titel gewonnen hat, ist man auf dem Holzweg“, sagt Oeser. Jetzt beginne die richtige Arbeit. In einem ersten Schritt will Chemnitz neue Strukturen schaffen. „Wir werden sofort mit der Umsetzung beginnen“, so Ferenc Csák, Leiter des Kulturhauptstadt-Projekts und des Kulturbetriebs der Stadt Chemnitz. Außerdem wolle man bis spätestens im zweiten Quartal 2021 eine Kultur-GmbH gründen.

Viele Projekte würden schon vor dem Jahr 2025 beginnen. So soll zum Beispiel die alte Hartmann-Fabrik saniert und zum Ausgangspunkt für die Akademie der Autodidakten und zum wissenschaftlichen Zentrum im Bereich Rechtsextremismus werden. 3000 Garagen sollen zu „Werkstätten der Interaktion“ werden, das Figurentheater Chemnitz will aus persönlichen Fundsachen und Geschichten kleine Stücke entwickeln, die dann auf der Bühne einer mobilen Garage aufgeführt werden.

Marx Monument. © Stadt Chemnitz, Pressestelle / Foto: Lazlo Farkas

Globales Denken und lokales Handeln möchte man auch beim Projekt der 4000 Apfelbäume verbinden, die überall in der Stadt gepflanzt und dann von Paten gepflegt werden. Künstler aus verschiedenen Ländern werden parallel einen Kunstparcours entstehen lassen, außerdem fügt eine interaktive, nach dem Pokemon-Prinzip funktionierende Gaming-App „Go Apple go“ Bildungsaspekte hinzu, von Nachhaltigkeit über Ressourcen bis zu Migration.

Und schließlich will Chemnitz 2025 auch die „Europäische Friedensfahrt“ wieder aufleben lassen, das berühmteste Amateur-Radrennen des Ostens. 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wird es in Pilsen starten, den Korridor passieren, in dem 1945 die amerikanischen auf die sowjetischen Truppen trafen und nach 170 Kilometern in der Kulturhauptstadt enden.

Der Titel Kulturhauptstadt ist zugleich ein großes Konjunkturprogramm für Stadt und Region. Der Freistaat Sachsen wird der Stadt Chemnitz bis 2025 insgesamt 20 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

Bunte Treppe© Stadt Chemnitz, Pressestelle / Fotograf: Dirk Hanus

Die zweite Europäische Kulturhauptstadt 2025 stellt Slowenien. Die Entscheidung soll im Dezember verkündet werden.

Weitere Infos: chemnitz2025.de