Wenn die Weihnachtszeit vorbei ist und der Frühling noch auf sich warten lässt, beginnt rund um den Bodensee die Fasnacht. In allen vier Ländern der Bodenseeregion – Deutschland, Österreich, Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein – wird dann tagelang gefeiert.
Woanders gibt es Karneval und Fasching – rund um den Bodensee gibt es die Fasnacht, auch Fasnet genannt, und man wird kaum eine andere Region finden, wo mit so viel Inbrunst und Liebe jahrhundertealtes Brauchtum jedes Jahr aufs Neue zum Leben erweckt wird – und gleichzeitig so rauschend gefeiert wird. Bei zahlreichen Umzügen durch mittelalterliche Gassen lassen sich traditionsreiche Masken und Gewänder ebenso bestaunen wie verrückte moderne Kostüme. Groß und Klein machen sich auf, die Wintergeister mit allen Kräften zu vergraulen. Nicht nur für Einheimische ist es der Höhepunkt des Jahres, wenn die Narrenzünfte zusammenkommen und zu festlichen Bällen und lebenslustigen Umzügen laden. Die fünfte Jahreszeit ist ideal, um die Region um den Bodensee kennenzulernen und den Winterblues zu vertreiben.
Konstanz ist eine Hochburg der schwäbisch-alemannischen Fasnacht. Spätmittelalterliche Traditionen der Zünfte und spätere Einflüsse des 18. und 19. Jahrhunderts haben sich hier zu einer eigenwilligen Variante der schwäbisch-alemannischen Narretei vereinigt. Die heiße Phase beginnt am Mittwoch, den 11. Februar, mit dem Butzenlauf. Dieser Konstanzer „Narrensprung“ fand erstmals in den 1980er Jahren statt und hat sich zu einem stimmungsvollen Auftaktumzug der Konstanzer Fasnachtsvereine entwickelt. Anschließend locken vor allem die Feiern am „Schmotzigen Dunschtig“ (dem Schmutzigen Donnerstag, 12.02.) und der große Abschlussumzug (15.02.) die Feier- und Schaulustige aus Nah und Fern in die Konzilstadt.
Da sitzen Einheimische und Besucher bunt gemischt zusammen in den dicht gefüllten Weinstuben und Lokalen. Musikanten, Maskenträger und sogenannte „Schnurrgruppen“ ziehen von Lokal zu Lokal, spielen, führen improvisierte Narrenspiele auf und „strählen“ (eine Rügeform, bei dem die Mitmenschen in humorvoller Art an ihre ‚Verfehlungen‘ erinnert werden) die Gäste. Nicht verpassen sollte man den „Hemdglonker“, bei dem alle Freunde der Straßenfasnacht in weißen Nachthemden und Schlafmützen durch die Gassen ziehen (am 12.02. in Konstanz, am 13.02. in Friedrichshafen). Ein letzter Höhepunkt sind die Fasnachtsverbrennungen am Vorabend des Aschermittwoch.
Eindrucksvoll sind insbesondere die Fasnachtsverbrennung der Münsterhexen im Pfalzgarten, vor dem Münster und die Verbannung Kuniberts in den Bodensee. Die meistbesuchte Konstanzer Fasnachtsverbrennung findet auf dem Stephansplatz statt. Weit über die regionalen Grenzen bekannt ist auch das Stockacher Narrengericht, bei dem die Vorgeladenen humorvoll für ihre Schwächen und Torheiten zur Rechenschaft gezogen werden (12.02.). In diesem Jahr muss sich „Twitterkönig“ und Ex-Bundesumweltminister Peter Altmaier (CSU) vor dem närrischen Gericht verantworten. Beim Hänsele Juck in Überlingen hingegen jucken – also springen – die Hänsele durchs Franziskanertor, bevor das bunte Fasnachtstreiben die Gassen füllt (14.02.).
Auf der anderen Seite des Sees wird in St.Gallen mit der Aaguggete (12.02) in den frühen Morgenstunden die Fasnacht eingeläutet, welcher mit dem großen Fasnachtsumzug (15.02.) ihren Höhepunkt findet. Im Vergleich zu einigen europäischen Pendants steckt die Fasnacht in Liechtenstein noch in den Kinderschuhen. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts etablierte sich der Karneval. Seither behauptet sich Schaan als Faschingshauptstadt des Fürstentums. Zum 50. Jubiläum der Narrenzunft in diesem Jahr spielen beim Monsterkonzert Schaan (15.02.) zahlreiche Guggenmusiker auf und stimmen die Straßenfasnacht an, bei der wahrscheinlich der ein oder andere bis zum Fasnachtsumzug am folgenden Tag durchfeiern wird. Aber auch in vielen kleineren Ortschaften rund um den Bodensee finden traditionelles Narrenbaumsetzen, gesellige Umzüge und Brauchtumsvorführungen statt.