Neue Seiten der Orgelmusik

Am 25. August beschließen Studierende des Masterstudiengangs „Orgel Improvisation“ an der Musikhochschule Lübeck die Saison der Internationalen Sommerkonzerte im Meldorfer Dom mit einem außergewöhnlichen Programm: „Organ: Reloaded – Ambient Music & Minimal Music“. Der Studiengang richtet sich an kreative und visionäre (Kirchen-) Musiker, die ihre künstlerische Persönlichkeit durch innovative Improvisations- und Kompositionstechniken weiterentwickeln und eigene interdisziplinierte Projekte umsetzen möchten.

Franz Danksagmüller. Fot Olaf Malzahn

Herr Danksagmüller, Sie haben im Vorfeld angekündigt, dass Sie beim Konzert mit Ihren Studierenden neue Seiten der Orgelmusik zeigen möchten. Was erwartet das Publikum?

Danksagmüller: Oft wird die Orgel mit traditionellen Klängen und alten Chorälen assoziiert, doch das war nicht immer so: Über die Jahrhunderte griff die Orgel immer wieder aktuelle Musikstile auf. Erst im 20. Jahrhundert kam eine starke Hinwendung zum historischen Repertoire. In unserem Master-Studiengang erarbeiten wir nun ganz bewusst Bezüge zu zeitgenössischen Musikstilen – nicht im Sinne klassischer „neuer Musik“, sondern ganz individuell nach den künstlerischen Vorlieben der Studierenden.

Da gibt es beispielsweise eine Studentin, die Ambient und Techno liebt – sie verbindet diese Stile mit der Orgel. Ein anderer kommt aus dem Progressive Rock, eine weitere Studentin arbeitet mit algorithmischen und sphärischen Klängen. So entsteht ein bunter Mix, der ganz neue Klangwelten erschließt. Wir wollen zeigen, wie vielfältig die Orgel sein kann und wie sehr sie als Instrument auch heute noch am Puls der Zeit ist.

Wie erleben Sie das Interesse junger Musikerinnen und Musiker an diesen musikalischen Grenzgängen?

Das Interesse wächst rasant, obwohl das Masterstudium erst seit eineinhalb Jahren existiert. Wir haben bereits fünf Studierende, und das spricht für den Bedarf. Manche wollen ganz klassisch bleiben, andere entwickeln aber ganz bewusst eine eigene musikalische Sprache. Was bisher in der akademischen Orgel-Ausbildung fehlte, war ein Fokus auf neue Klangtechniken und auf die Verbindung zu Elektronik, Tanz, Lichtinstallationen oder Medienkunst. In den letzten zehn, fünfzehn Jahren hat sich dafür eine spannende neue Szene entwickelt – und wir tragen das nun konsequent in die Ausbildung hinein.

Was war Ihre Motivation, einen so innovativen Studiengang mitzugestalten?

Zum einen ist es persönliches Interesse: Schon als Kind habe ich die Orgel als abenteuerliche Klangerkundungswiese entdeckt und viel improvisiert. In Lübeck habe ich dann begonnen, mit Studierenden Projekte zu Stummfilmen und Improvisation zu machen. Dabei habe ich gemerkt, wie sehr improvisierte Musik die Kreativität fördert und welch neue, ungeahnte Ausdrucksmöglichkeiten entstehen. Daraus entstand der Gedanke, „Improvisation, Komposition und neue Medien“ zu einem eigenen Schwerpunkt zu machen und schließlich zum vollständigen Studiengang auszubauen, in den wir auch digitale Kreation und Videoarbeit einbinden.

Moderne Medien und Technologien spielen bei Ihren Projekten oft eine große Rolle. Wie integrieren Sie diese beim Konzert im Meldorfer Dom?

Wir nutzen Elektronik einerseits als klangliche Erweiterung: Die Orgel spielt, und elektronische Klänge verschmelzen subtil mit ihr, sodass man manchmal nicht sagen kann, was von der Orgel und was von der Elektronik kommt. Andererseits ergänzen elektronische Sounds bewusst die Möglichkeiten der Orgel, etwa für Ambient oder technoide Musik, die die Orgel allein nicht erzeugen könnte. Oft bringen wir auch Video und Film ins Spiel – teils entstehen dabei richtige Musikvideos, teils stimmungsvolle Visuals, die direkt auf die Musik reagieren.

Das Orgelstudium soll ja auch auf den kirchlichen Alltag vorbereiten. Wie reagieren Theologinnen und Theologen auf diese neuen Klangwelten?

Die Reaktionen sind gemischt, aber meistens positiv, wenn das Miteinander stimmt. Wir arbeiten regelmäßig mit Vikaren und Theologen zusammen, entwickeln etwa in Lübeck mit St. Petri liturgische Konzepte. Wird die Musik sinnvoll eingebettet, entsteht ein größeres Ganzes. Wichtig ist die Kommunikation – und dass unser Studium als Experimentierfeld dient. Was sich bewährt und wie es beim Publikum ankommt, erfahren wir schrittweise durch Dialoge, etwa nach den Konzerten.

Abschließend: Warum sollte man sich das Konzert am 25. August nicht entgehen lassen?

Weil man nicht nur spannende Musik hört, sondern faszinierende Musikerpersönlichkeiten kennenlernt. Unsere Studierenden präsentieren ihre ganz eigenen Klangwelten und treten in einen direkten Austausch mit dem Publikum. Es geht um Begegnung und Inspiration – ein musikalisches Erlebnis, das weit über die Orgeltradition hinausgeht!

Das Konzert „Organ: Reloaded – Ambient Music & Minimal Music“ mit Studierenden des Masters „Orgel Improvisation“ findet am Montag, den 25. August um 20:00 Uhr im Meldorfer Dom statt. Karten zu 15 Euro sind in der Touristinformation und an der Abendkasse erhältlich.