Lucienne Renaudin Vary: Die junge Stimme der Trompete

Barfuß oder High Heels? Für Lucienne Renaudin Vary ist das keine Frage: Mit bloßen Füßen spürt sie die Musik, die sie umgibt, ganz direkt. Eine erfrischende Natürlichkeit umgibt die französische Trompeterin, die mit ihren erst 25 Jahren eine beeindruckende Karriere vorzuweisen hat. Erstmalig wird die junge, mehrfach preisgekrönte Trompeterin den SHMF-Sommer mit ihrem Ausnahmetalent bereichern.

Lucienne Renaudin Vary. Foto Simon Fowler

Sie sind in der Klassik genauso zuhause wie im Jazz. Wie wählen Sie das Repertoire für Ihre Konzerte aus?

Mir ist es ein großes Anliegen, möglichst viele verschiedene Programme in unterschiedlichen Stilen zu gestalten. Wenn ich Konzertprogramme zusammenstelle, folge ich einfach meinem Herz. Manchmal höre ich Musik und denke: die muss ich auch spielen, selbst wenn sie nicht für Trompete geschrieben wurde. Dann schreibe ich meine eigenen Arrangements. Aber natürlich liebe ich auch das klassische Trompetenrepertoire von Joseph Haydn und Johann Nepomuk Hummel.

Worauf darf das Publikum sich bei Ihren SHMF Konzerten freuen?

Passend zum Festivalmotto „Venedig“ spiele ich zusammen mit dem Kammerorchester „I Solisti Veneti“ Werke der venezianischen Barockkomponisten Antonio Vivaldi und Alessandro Marcello. Zum Schluss des Programms darf mein Lieblingskomponist Astor Piazzolla nicht fehlen, dem ich ein ganzes Album gewidmet habe. Er war zwar kein Venezianer, aber immerhin ein Argentinier mit italienischen Wurzeln. Seine Musik hat so viele Seiten und so viele Facetten, die ich gern zeigen möchte.

Wie wichtig ist Ihnen der Blick über den Tellerrand der Klassik?

Ich habe mit acht Jahren angefangen, Trompete zu spielen, und zwar parallel Klassik und Jazz. Daher ist es so, als ob man zwei Sprachen gleichzeitig lernen würde. Ich glaube, wenn man improvisieren kann wie im Jazz sowie die Detailgenauigkeit und Dynamik der klassischen Musik verinnerlicht, kann man wirklich viele Sachen spielen und ausprobieren.

Sie scheinen gern mit gängigen Konventionen im Konzert zu brechen, spielen gern barfuß auf der Bühne und sind in ständiger Bewegung. Wie reagiert das Publikum darauf?

Nun, das ist überhaupt nicht geplant. Ich möchte niemanden schockieren und ich weiß nicht, ob es vielleicht für manchen eine Grenze überschreitet. Wir sind doch alle Individuen und das ist eben meine Art, mich wohl auf der Bühne zu fühlen. Mit bloßen Füßen spüre ich die Musik, die mich umgibt, ganz direkt. So fühle ich mich geerdet und fast wie zu Hause.

Sie sind bekannt für Ihre energiegeladenen und ausdrucksstarken Auftritte. Woher nehmen Sie die Energie für Ihre Bühnenpräsenz?

Ich weiß es nicht. Ich liebe Musik einfach sehr. Das ist meine große Leidenschaft im Leben und sie steckt tief in mir drin. Ich habe keine bestimmte Routine und kein Ritual dafür.

Was fasziniert Sie an der Trompete?

Als ich mit der Trompete anfing, war ich gleich von ihr fasziniert. Es ist ein bisschen so, als wenn man sich in jemanden verliebt: man mag alles an dieser Person. So war es auch mit der Trompete. Ich liebe den Klang, die Art, wie man das Instrument hält, die Tatsache, dass man es auf so vielseitige Weise spielen kann, und dass sie in so vielen Musikrichtungen vorkommt. Die Trompete ist wie meine Stimme, mit der ich das ausdrücken kann, was ich sagen möchte.

Gibt es Vorbilder?

Ich höre viel Musik von Alison Balsom. Sie ist wirklich ein Vorbild für mich, weil sie nicht nur eine herausragende Vertreterin ihres Fachs ist, sondern mit ihrer Virtuosität, ihrem Engagement und ihrer Leidenschaft die Trompetenwelt bereichert und inspiriert. Und was Jazz angeht, bin ich ein großer Chet Baker-Fan. Aber auch von Clifford Brown. Aber ich habe nicht nur Trompeten-Idole, sondern finde sie auch im Gesang, beim Cello und bei der Geige. Ich bin einfach neugierig und vielem gegenüber aufgeschlossen.

Bereits 2016 mit 17 Jahren waren Sie Gewinnerin in der Kategorie Révélation (Entdeckung des Jahres instrumental solo) bei den französischen Victoires de la Musique Classique und wurden fünf Jahre später als Nachwuchskünstlerin mit dem Opus Klassik ausgezeichnet. Wie wichtig sind Ihnen solche Auszeichnungen?

Diese Preise sind schon wichtig, um bekannt in der Klassikwelt zu werden – sowohl beim Publikum, bei Konzertveranstaltern als auch bei Plattenfirmen. Und da ich sehr hart an mir und dem Trompetenspiel arbeite, ist es eine schöne Anerkennung, hin und wieder so eine Auszeichnung zu bekommen.

Trompetenglanz aus Venedig

Do., 15. August, 19.30 Uhr
St. Michaelis, Hamburg

Fr., 16. August, 19.30 Uhr
Meldorfer Dom
Karten unter 0431 23 70 70 und an der Abendkasse