Supergroups kannte man bis dato eher aus der Rockmusik. Der österreichische Trompeter Thomas Gantsch hat sich nun einen lang gehegten Wunsch erfüllt und ebenfalls eine Supergroup um sich versammelt. In diesem Sommer holt er für seine „Blasmusik Supergroup“ 21 der renommiertesten Brass-Virtuosen aus den unterschiedlichsten Stilrichtungen auf die Bühne des SHMF. Andreas Guballa wollte wissen, worauf sich das Publikum freuen darf.
Sie sind gern gesehener Gast beim SHMF und haben mit Ihrem Ensemble „Mnozil Brass“ mehrfach für Furore gesorgt. Nun kommen Sie mit Ihrer „Blasmusik Supergroup“ nach Lübeck und Elmshorn und widmen sich unter dem Motto „Blasmusik goes Hollywood“ den Großmeistern der Filmmusik.
Ursprünglich ist „Blasmusik Supergroup“ ein Ensemble, das sich hauptsächlich mit der großen symphonischen Blasmusiktradition aus Tschechien beschäftigt, denn da gibt es einen irrsinnig großen Fundus. Eine sehr anspruchsvolle und tolle Musik, die aber kaum gespielt wird, weil sie eben sehr schwer ist. Es ist die Musik, mit der ich aufgezogen wurde von meinem Vater. Deswegen habe ich dieses Projekt ursprünglich ins Leben gerufen. Jetzt erweitern wir dieses Repertoire um Filmmusik, die zweite große Leidenschaft von mir. Wir spielen Kompositionen der Großmeister der Filmmusik von Erich Wolfgang Korngold, Jerry Goldsmith und Vangelis bis Ennio Morricone oder John Williams.
Diese Komponisten haben ja nicht unbedingt für Blechbläser geschrieben. Ist es schwer, Arrangements zu schreiben?
Man muss schon Zeit aufwenden. Es schreibt sich nicht von selbst. Ich habe viel transkribiert, das heißt von den Originalaufnahmen die Noten für die Kapelle arrangiert. Dann gibt es auch die Möglichkeit, dass man sich Originalpartituren besorgt und von denen abschreibt. Auf jeden Fall muss man alles neu setzen für so eine Besetzung, weil wir ja kein großes, symphonisches Orchester sind. Wir versuchen mit dem kleinstmöglichen Orchester den größtmöglichen Sound zu kreieren.
Supergroups kannte man bis dato eher aus der Rockmusik. Sie vereinen die renommiertesten Brass-Virtuosen aus den unterschiedlichsten Stilrichtungen auf der Bühne. Das klingt nach einer Schnapsidee…
Im Prinzip sind 90% meiner Projekte Schnapsideen. Ich setze sie dann um und hoffe, dass die anfängliche Urbegeisterung am Ende des Projektes auch herauskommt. Ich wollte ganz einfach diese Musik, die hauptsächlich vom tschechischen Zentralorchester gespielt wurde, unbedingt mal mit einer Kapelle spielen und habe mir die besten Kollegen aus allen Ensembles, die ich so kenne, wie Rosinen aus dem Kuchen rausgepickt.
Blasmusik verortet man ja immer noch am ehesten bei Ihnen im Alpenraum, sie erlebt seit einigen Jahren aber auch bei uns im Norden eine beachtliche Renaissance, wenn ich zum Beispiel an MEUTE denke. Auch Bands wie LaBrassBanda oder Mnozil Brass haben mittlerweile deutschlandweit Kultstatus. Woher kommen die Entwicklung und Begeisterung des Publikums für das Blech?
Das hat mehrere Gründe. Es gibt viele Musikvereine – beziehungsweise im Norden sind es Posaunenchöre. Daher gibt es eine große Vernetzung in der Szene. Das Soziale ist dabei sehr wichtig; man trifft sich und macht gemeinsam Musik, unabhängig davon, was man für politische Ansichten hat. Das ist ein extrem guter Kit für unsere Gesellschaft. Blasmusik ist daher gelebtes Miteinander!
Außerdem hat sich im Laufe der letzten 30 Jahre ganz viel getan. Früher hatte die Blasmusik eher ein verstaubtes Image. In meiner Jugend war es mir noch peinlich, wenn mich meine Schulkollegen in der Musikuniform gesehen haben. Heute gibt es da ein ganz anderes Selbstbewusstsein und Festivals wie das „Woodstock der Blasmusik“, bei dem an einem Wochenende 100.000 Menschen zusammenkommen, um Blasmusik zu machen und gemeinsam friedlich zu feiern. So etwas sollte es bitte mehr geben.
Sie selbst haben mit 15 Jahren Ihr Instrument im klassischen Stil studiert und haben dann im Orchester gespielt. Wie kam er zu der Entscheidung aus dem klassischen Orchesterbetrieb auszubrechen?
Ich habe mich immer als Aushilfe so durchgekämpft, weil meine Familie meinte, ich müsste klassischer Orchestermusiker werden. Das habe ich so lange gemacht, bis ich einmal bei einem Vorspielen so gut war, dass ich für mich entschieden habe: jetzt weiß ich, wie das funktioniert und mache mal etwas anderes. Da war ich 21 Jahre alt und habe angefangen, Jazz zu spielen. Innerhalb eines halben Jahres war ich weg aus der Klassikwelt und wollte nie wieder zurück.
Schauen Ihre Trompeterkollegen im Orchester heute eher mit einem mitleidenden Lächeln auf das, was Sie machen, oder sind sie eher neidisch darauf?
Das hält sich die Waage. Es gibt die Traditionalisten, die sich nie trauen würden, Freelancer zu sein. Die kommen mit dieser Unsicherheit, selbst verantwortlich zu sein, ob man Geld verdient oder nicht, nicht zurecht. Auf der anderen Seite gibt es Leute, die das wirklich mit einem Seufzen kommentieren, weil sie es auch gerne machen würden, aber sich nicht getraut haben. Ich bin auf jeden Fall sehr glücklich mit dem, was ich mache.
„Blasmusik goes Hollywood“
Mi, 17. Juli, 19.30 Uhr
Böbs Werft Lübeck
Do, 18. Juli, 19.30 Uhr
Reithalle Elmshorn